Wir sind inzwischen fast mitten in Polen angekommen – genau genommen in Ostrołęka, einer kreisfreien Stadt in der Woiwodschaft Masowien. Klingt nach Verwaltungseinheit, sieht aber ziemlich nach Sommer aus.
Gestern Abend saßen wir noch ganz entspannt bei 20 Grad auf der Terrasse eines Restaurants in Gołdap – und ja, das schreibt sich wirklich so. Das Essen war lecker, deftig, eindeutig polnisch und hatte eine gewisse "Großmutter-hat-mit-Liebe-gekocht"-Note. Wer braucht da noch Gourmet?
Pünktlich um 8:30 Uhr starteten wir heute unsere Etappe. Das Gebiet rund um Gołdap war früher einmal deutsches Ostpreußen. Die Spuren dieser Zeit sind auch heute noch überall zu entdecken – manchmal in alten Inschriften, manchmal einfach in der Atmosphäre.
Apropos Atmosphäre: Um 8:30 Uhr zeigte das Thermometer schon 20°C, und wir entschieden uns mutig dafür, das Innenfutter aus den Klamotten zu entfernen. Eine gute Entscheidung – später wurde es bis zu 24°C. Sommerurlaub, wir hören dich trapsen!
Am Goldaper See machten wir einen Abstecher zu den Überresten des ehemaligen Lagers „Robinson“. Klingt nach Kinderferienlager, war aber leider weniger fröhlich. Hinter dem Decknamen „Robinson“ verbarg sich das Hauptquartier des Oberbefehlshabers der Luftwaffe während des Zweiten Weltkriegs – heute sind davon nur noch Trümmer geblieben.
Die Route führte uns weiter durch die malerische Landschaft der Masuren – vorbei an Feldern, Wäldern und mehr Störchen als in einem ornithologischen Bestimmungsbuch. Unser nächster Halt: Kętrzyn, früher Rastenburg. Kurzer Schlenker nach Mamerki (damals: Mauerwald), wo das Oberkommando der Wehrmacht zwischen 1941 und 1944 in einem Bunkersystem residierte – ganz in der Nähe der Wolfsschanze.
Natürlich ließen wir uns auch die Wolfsschanze selbst nicht entgehen. Die Polen haben die Anlage gut in Schuss gehalten und in ein beeindruckendes Freilichtmuseum verwandelt. Zwischen 1941 und 1944 war dies Hitlers Hauptquartier für den Feldzug gegen die Sowjetunion. Über 800 Tage soll er hier verbracht haben – wir gönnten uns immerhin zwei Stunden. Reicht auch.
Besonders eindrucksvoll (und bedrückend): die Überreste der Baracke, in der Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübte. Dort sitzend, stellten wir uns die große Frage: Was wäre wohl gewesen, wenn das Attentat gelungen wäre? Würden wir heute hier sitzen – oder überhaupt existieren? Unbeantwortbare Gedanken an einem geschichtsträchtigen Ort.
Und dann waren da noch die Störche. Dutzende davon, an Straßenrändern postiert, als wollten sie bei Daniel auf dem Soziussitz mit nach Springe trampen.
Nur konnten wir beim besten Willen nicht erkennen, ob sie Männchen oder Weibchen waren – und wollten kein unnötiges Drama provozieren.
Ach ja, gestern in Süd-Litauen fiel uns noch ein kurioses Detail auf: Viele Häuser dort haben keine Dachpfannen, sondern sind mit Fasercementplatten gedeckt. Sah ein bisschen aus wie der Hühnerstall in Eschershausen, Angerweg. Heimatgefühle deluxe.
Und heute hörten wir im Live-Stream: Bei Norma im Kalkutta an der Spree gibt es aktuell Macheten mit 50cm Klinge für 9.99€. Unfassbar...
Morgen hört ihr wieder von uns – aus der Hauptstadt! Warschau, mach dich bereit.
So long und gute Reise euch da draußen!